Molières

Das Sommerhaus in der Velle Basse zwanzig Kilometer nördlich von Montauban und drei Kilometer südlich von Molières erreichen wir mit dem Taxi – wir beide wurden bei Warmshowers in Auch krank: irgendetwas mit Magen und Darm und Fieber, Stefanie wurde 30 Stunden niedergestreckt, ich etwas weniger.

Das Sommerhaus haben meine Tante und meine Cousins aus der Familie ihres Mannes/Vaters geerbt, der nach der Scheidung bis zu seinem Tod vor einigen Jahren in Montauban gewohnt hatte. Es ist ein helles, breites Haus, das quer zur Strasse zwischen zwei Grünflächen liegt. In der direkten Umgebung liegt nur noch der Gemüsebaubetrieb von Claude.

Ich war schon zweimal hier, 2009 im Sommer: am Morgen noch im Pyjama durch den Garten streunen und Früchte direkt vom Baum essen, in der Sonne sitzen, Aperitif trinken, Baden im nahen See, auf dem Markt im reichen Angebot von Früchten und Gemüsen schwelgen. Knapp zwei Jahre später kam ich mit meiner Tante Elisabeth alleine her, Anfang März. Als wir ankamen, betrug die Temperatur im Haus 5°C. Wir feuerten jeden Morgen alles an, was möglich war, steckten den Kühlschrank wieder aus und schnitten im Garten die Obstbäume. Dazwischen fuhren wir zur Entsorgung, kauften eine elektrische Motorsäge und besuchten Bekannte von Elisabeth. Ende Woche betrug die Temperatur im Haus 12°C.

Inzwischen hat sich einiges verändert. Aus dem Schlafzimmer mit drei oder vier Betten ist ein Büro mit Klappsofa und Kajütenbett geworden, die Dusche ist aus der Küche in ein richtiges Bad im Stall gewandert. Dort gibt es auch ein Klo, das Plumpsklo in Richtung Garten ist verschwunden. In „Elisabeths Zimmer“ gibt es einen modernen Holzofen.

Nach einigen Tagen haben wir uns recht gut eingelebt. Ich schlafe mittlerweile im Büro, denn das Bett im „Ofenzimmer“ ist etwas schmal – die üblichen 1m30, das französische Doppelbett. Das ist hier die normale Doppelbett-Grösse; eine Warmshower-Gastgeberin hat uns erzählt, ihre Eltern hätten sich erst neulich ein 1m60-Bett gekauft – wie viele Menschen auf das Alter hin. Im Büro beträgt die Temperatur rund 10 Grad, was mit dem Schlafsack allerdings kein Problem ist und etwas Zelt-Feeling bringt.

Morgens anfeuern mit unseren Wedele, von denen wir jeden Tag zehn aus einem Haufen Kleinholz, Ästchen, Brombeerranken und Baumschnitt anfertigen, der in der kleinen, wackeligen Scheune in der Ecke liegt. Schliesslich Holz holen und in der kalten Küche Frühstück machen. Meistens ist dann schon Mittag.

Am Nachmittag machen wir besagte Wedele, rechen Laub, sägen Holz. In Montauban waren wir in einem trotz aller Gewöhnung immer noch überwältigenden Supermarkt und im drei Kilometer entfernten Molières im Spar. Zur Verfügung steht uns ein „Franzosen-Kistli“, ein kleiner Peugeot ohne Servolenkung. Wie beim Velofahren arbeitet man auch hier für die Strecke.

Wir profitieren von der grossen Bibliothek, sitzen vor dem Ofen, legen ständig Holz nach, denn der Ofen wärmt nur so. Zwanzig Grad bringen wir damit hin – was schon wärmer ist als in vielen französischen Häusern. Der Raum erkaltet aber schnell wieder, die Lücken zwischen Tür und Angel sorgen dafür. Wir tauschen uns über die Bücher aus, die wir lesen, schreiben, holen wieder Holz. Dazwischen machen wir aus dem Gemüse, das wir bei Claude beziehen, Suppe. Sobald die Sonne herauskommt, lassen wir den Ofen ausgehen und setzen uns in die Sonne. Dann ist es nämlich draussen schnell wärmer als im kalten Büro oder in der Küche.

Auf der Strasse fährt hin und wieder ein Auto vorbei oder auch Rennvelofahrer, die manchmal grüssend die Hand heben, wenn wir ihnen über die Ränder unserer Teetassen nachblicken. Die Feuerwehr war auch schon da, sie hat uns Neujahrsgrüsse überbracht und Spenden gesammelt. Zehn Euro haben sie augenscheinlich schockiert. Die Post hat ein Päckli aus der Schweiz gebracht, morgens um neun hat sie vor dem Haus gehupt. Ich schoss aus dem Schlaf auf, das ist die Post!, streifte den Schlafsack herunter, hastete in Jacke und Finken und zur Tür hinaus. Über die Holzgittertür des Vorplatzes rufe ich: Ich komme, haste zurück, schliesse auf, im kleinen Postauto wird der Motor angelassen. Als ich begreife, dass die Person nicht aussteigen wird, haste ich wieder zurück, um die Schuhe anzuziehen. So geht das hier.

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