Kaum losgefahren, schon wissen wir nicht mehr, wo wir sind. In einem Vorgarten stellt ein Mann eine Leiter an ein Hausdach und wir fragen ihn, wo der Weg nach Alfstedt sei. „Alfstedt ist hier“, sagt der Mann und lacht. Oh, na gut. In dem Fall: Drangstedt. „Da fahren Sie am besten da geradeaus, über die Strasse, dann nach dem Aussiedlerhof links, weiter weiter weiter, bis Sie zu einem Schweinemaststall kommen, da rechts, durch den Wald.“ Das ist doch mal eine Wegbeschreibung, denke ich, am Aussiedlerhof links, an der Schweinemast rechts. Durch den Wald führt eine wunderschöne Allee, in der Strasse gibt es aber immer wieder Schlammtümpel, die wir vorsichtig schiebend umgehen.

Die Schlammtümpel auf dem Weg umgehen wir vorsichtig stossend.

Die Strasse durch den Wald ist von Eichen gesäumt.
Die Luft riecht plötzlich nach Meer und wir fahren auf den Deich und – kein Meer in Sicht, aber Kräne und Container und grosse Schiffe am Horizont vom Containerhafen Bremerhaven.

Endlich Meer! … Nein, Auenlandschaft und am Horizont der Hafen von Bremerhaven.

Zmittag auf dem Deich.
Beim Mittagessen schauen wir den Kränen zu und den eigenartigen Container-Transportfahrzeugen, die emsig hin- und herfahren. Die restliche Strecke bis Bremerhaven ist hart: Starker Gegenwind stellt sich uns entgegen, während wir durch das weitläufige Hafengelände fahren.
Den heranrückenden Regen sitzen wir im Klimahaus in Bremerhaven aus. Die Hafenstadt liegt auf dem Breitengrad 8 Grad 34 Minuten Ost. In der Ausstellung werden neun Menschen vorgestellt, die in fünf Klimazonen auf dem gleichen Breitengrad wohnen. Ein Bergbauernpaar aus der Schweiz, zwei Jungen aus Alaska, ein junger Mann aus Samoa, eine Frau von der Küste aus Bremerhaven, zwei Familien aus Afrika und eine Forscherin einer Station aus der Antarktis. Unmerklich wird es in der Ausstellung wärmer, als es gegen den Äquator zugeht, wir schlüpfen aus den Velotrikots und schieben die Hosenbeine hoch. Hinterher kühlen wir uns bei -10 Grad (Antarktis) wieder ab.

Im Klimahaus lernen wir, dass das Trampolin aus Grönland stammt.

Im Klimahaus lernen wir, dass das Trampolin in Grönland erfunden wurde.
Die Fähre bringt uns nach Blexen, über die Weser. Es windet und regnet ab und zu leicht und die gut zehn Kilometer nach Burhave sind anstrengend. Es ist bereits nach acht Uhr abends, als wir ankommen, die Reception ist schon geschlossen. In der Bratwurstbude ist noch Betrieb und glücklicherweise fährt der Platzchef auf dem Heimweg an uns vorbei. Wir bekommen eine Karte, um Duschen und WC zu benützen und dürfen uns irgendwo aufstellen. Wir diskutieren hin und her, da es hier immer mal wieder regnet, lohnt es sich, beim Zeltaufstellen darauf zu achten, nicht in einer Senke, sei sie noch so klein in diesem flachen Land, zu zelten. In die Diskussion schaltet sich bald der Bratwurst-Mann ein, der – nachdem wir ihn siezen – bald klarstellt: „Also erstmal, ich bin der Dieter.“ Dieter ist mit seinem Fahrrad zu uns herangefahren. Wir sprechen ihn auf seine Lowrider an, er macht eine wegwerfende Handbewegung, „die grosse Tour schiebe ich noch vor mir her“ und erzählt dann, das es sein erster Sommer hier oben mit dem Bratwurst-Mobil sei. Als schnellen Hunger-Löscher bestellen wir bei ihm zwei Bratwürste, während wir das Zelt aufstellen.

Currywurst als Apero. Stefanie ist glücklicher, als es der Gesichtsausdruck vermuten lässt.

Die nächtliche Skyline des Containerhafens von Bremerhaven.
Im Verlauf des Abends kommt Dieter noch einige Male vorbei, verschwindet dann immer wieder, als wolle er nicht aufdringlich wirken. Wir findens ganz nett. Er schaut in unseren Kochtopf, in dem Zucchetti mit Zwiebeln und Öl dünsten, während der Couscous in den Tupperwares schon quellt.“Ihr seid ganz ökologisch unterwegs, vegan, was?“ Ja, sage ich, „das machen wir immer so, nach der Bratwurst kommt ein veganer Gang.“
Auf dem Camping ist alles provisorisch – eher gesagt temporär. Im Winter kommt das Wasser weiter ins Land hinein und überspült das gesamte Areal des Campings, da dieser ausserdeichs steht. Die Reception befindet sich in einem Container. Duschen und Toiletten sind fix installiert, aber auf einer Warft. So heissen die aufgeschütteten Kegel, auf denen die Menschen auf den Halligen draussen leben.

Ein Containerschiff fährt durch den Sand – in einer Fahrrinne weit draussen.
(c) Katharina