Ayutthaya – Bangkok

Der nächste Zug, fragt mich die Frau am Bahnschalter in Ayutthaya, als ich für zwei Personen und zwei Velos Tickets nach Bangkok kaufen will. 1027, schiebt sie noch hinterher und ich werfe einen schnellen Blick auf die Bahnhofsuhr: 10 nach. Ich nicke und zahle 15 Baht pro Person für gut anderthalb Stunden bis Bangkok (ca. 40 Rappen). Die Velos kosten rund viermal soviel. 

Auf dem Perron in Ayutthaya.


Das Verladen muss schnell gehen, der Zug hält nur für eine Minute. Ein Bahnmitarbeiter zeigt uns, wo auf dem Perron wir warten sollen. Er selbst bringt mit einem Sackkarren einen grossen Sack, der ebenfalls verladen wird. Dann lehnen die Velos im Transportwagen und wir werden in den Wagen mit den Sitzabteilen geschickt. Dort ist leider alles besetzt, nur neben einem kahlrasierten Herrn ist noch frei, aber leider keine Option: Er ist ein Mönch. Ich setze mich kurzerhand auf unsere grosse schwarze Tasche mit vier Saccochen drin, was die Frau neben mir auf dem Sitz zum Lachen bringt. Dann winkt mir jedoch Stefanie. Ihr gegenüber ist eine Frau aufgestanden, die nun mit einem Korb voller Esswaren durch den Gang geht und Sachen verkauft. Ich schiebe die Tasche etwas aus dem Gang, aber der Raum zwischen zwei Waschbecken ist ausgefüllt mit einem Sack voller Fische und etwas, das wie Güetzi aussieht sowie anderen Sachen.

Wir fahren 3. Klasse, der Wagen ist nicht klimatisiert, an der Decke drehen Ventilatoren. Durch die geöffneten Fenster kommt ein warmer Luftzug herein, aber Hauptsache Luftzug. Draussen zieht die thailändische Landschaft vorbei. Flaches Land. Der Bummler hält an jedem Bahnhof, lange fährt der Zug an einer Baustelle vorbei. Vermutlich wird eine Autobahn gebaut, der Zuglinie entlang. Vermummte Arbeiter und Arbeiterinnen, Schüler auf Scootern, im Zug werden wieder Esswaren und Getränke verkauft.

So vermummt arbeiten viele Leute draussen.

Hinter mir sind vier Abteile für Mönche reserviert.


Je näher wir Bangkok kommen, desto mehr Einheimische steigen aus. Am Ende sind es noch hauptsächlich Touris, die bis ins Zentrum fahren. Wir haben rund zehn Minuten Verspätung, weil der Zug an einer Verkehrskreuzung halten muss. Autos, Lastwagen und Scooter fahren vor dem Zug vorbei, unsere Stimmung schwankt zwischen genervt (heiss) und belustigt, weil bei uns die Autos warten müssen und nicht der Zug. Häuser und Hütten sind eng an die Geleise gebaut und man sieht in HInterhöfe, schmale Gassen, teilweise in Wohnzimmer hinein. Manche der Touris scheinen etwas erschüttert, wir sind es mittlerweile gewohnt. Beim Velofahren haben wir in so manchen Haushalt hinein gesehen. Obwohl ich sagen muss, dass diese Haushalte auf dem Land weniger ärmlich wirken, rein weil sie nicht so zusammengedrängt sind.

In Bangkok wartet Stefanie mit den Velos, ich suche das DOB-Gebäude, um unsere Tickets für den Nachtzug abzuholen. Nach etwas Suchen finde ich es, das heisst, ich sehe es: Auf der anderen Seite einer wirklich schlimmen Kreuzung, bei der die Autos aus mehr als vier Richtungen kommen. Ich setze ein paar Mal mein Leben aufs Spiel, indem ich beherzt in den Verkehr reinlaufe, aber es klappt. 

Bei der Gepäckstation ist viel los. Eine junge Frau kommt auf uns zu und fragt, ob sie uns helfen kann. Und dann geht es wieder los mit Zetteln ausfüllen und Pass hervorkramen und Doppel erhalten und zahlen. Wieder können wir das Velo nicht mit unserem Zug mitnehmen, es wird rund zweieinhalb Stunden vor uns abfahren. Mit einer alten Zahnbürste streicht die Frau eine weisse Masse auf einen Stück Karton mit Loch, klebt einen Zettel darauf und hängt je einen davon an die Velos und an die Tasche. Als ich mich interessiert über den Becher beuge, sagt sie, it’s made from flour, aus Mehl. 

Da stehen unsere Velos mit ihren Etiketten und warten auf das Verladen.


Rund fünf Stunden bleiben uns noch bis zur Abfahrt unseres Zuges. Wir machen einen kurzen Spaziergang etwas weg vom Bahnhof, landen aber zwischen Chinatown und Speditionsviertel, alles ist voller Verkehr, Lastwagen, Stau, Menschen, Kartonschachteln und wir haben schnell genug. In einer Zwischengasse finden wir einen Suppenstand und ziehen uns auf das vertraute Terrain zurück. Danach gönnen wir uns am Bahnhof eine stündige Fussmassage, danach einen Kaffee mit Waffel/Banane/Honig und Schokoladensauce, ach ja, und Glace, und irgendwann ist es dann auch halb sieben und wir schauen nach dem Zug.

Gedenkstätte für den König in der Bahnhofshalle in Bangkok. Kondolenzbücher. Im Unterschied zu Buddha darf man dem König offenbar die Füsse entgegen strecken – beim Fotografieren.


Der steht schon am Geleise, leider hat bei der Buchung unsere erste Priorität, eine eigene Kabine, nicht geklappt und wir finden uns im Grossraumwagen mit einer deutschen Reisegruppe wieder. Der Zug ist deutlich älter als derjenige, den wir bei der letzten Nacht hatten. Keine Steckdosen am Bett und keine Lampe, dafür die Vorhänge schön hellblau mit eingestickter Bett-Nummer. Ein asiatischer Mann lädt eben vier Sacchochen und sein Velo in den Zug. Seine Frau sieht unsere Helme und fragt, ob wir auch mit dem Velo unterwegs wären.  Ich. nicke und sage, uns hätte man aber erzählt, wir könnten das Velo nicht in den Zug mitnehmen…  Sie kann nicht verstehen, warum uns das gesagt worden ist.


Bei der ersten Station nach Bangkok steigt eine Frau ein und setzt sich auf den Platz gegenüber. Sie hat kurzgeschorene Haare wie eine Nonne, aber die Kleidung ist nicht eindeutig. Jedenfalls fragt sie interessiert, wohin wir fahren würden und wir kommen ins Gespräch. Ihr Englisch ist ziemlich gut, auf meine diesbezügliche Frage erklärt sie, sie habe vor zwanzig Jahren in Amerika ihren Master in Business etwas gemacht. Zusammengefasst ein paar interessante Dinge, die sie erzählt hat.

Das thailändische Volk komme auch gut einige Zeit ohne König aus, obwohl er das Volk in seiner Regierungszeit stark zusammen gehalten habe und wirklich ein grosses Vorbild sei, auch nach seinem Tod. Er habe aber mit der Regierung usw. nichts zu tun gehabt. Er schaue mehr so, wo bräuchte es Unterstützung, auch finanzielle, und greife dort ein. Diese königlichen Projekte laufen neben den Regierungsgeschäften her und bestehen über den Tod des Königs hinaus.

Über meine Frage nach den kopflosen Buddha-Figuren in Ayutthaya, die sie nicht beantworten kann, erzählt sie mir aber, dass viele Buddha-Figuren ein Loch im Kopf hätten, mit einem Deckel. Dort hätten die Menschen früher ihre Wertsachen versteckt. Ausserdem erklärt sie, dass bei alten Buddha-Figuren der Wert danach bemessen werde, wie lang die Distanz von einem Knie zum anderen (er ist ja meist in der Meditationshaltung) sei, bei wertvollen Figuren könne das um 10’000 Dollar pro Inch betragen.

Ich frage, warum es in Bangkok viel mehr schwarz angezogene Menschen habe als auf dem Land oder in Städten wie Chiang Mai und Chiang Rai. Die Frau erklärt, in Bangkok habe es viele offizielle Ämter und Staatsangestellte, für die gelte eine jährige Trauerzeit inkl. schwarzer/weisser Kleidung. Daher seien die Menschen in Bangkok viel stärker sensibilisiert als anderswo. Dort hätten die Menschen bestimmt auch anfangs schwarz getragen, aber seien mit der Zeit wieder zur üblichen Kleidung übergegangen, weil man halt einfach nicht so viele verschiedene schwarze Kleider habe. Sie sieht das offenbar sehr pragmatisch.

Als wir unsere leeren Teller zurückbringen, wir haben wiederum am Platz gegessen, aber der Steward war ein bisschen überfordert mit der Menge an Bestellungen, quatschen mich zwei junge Männer an, die aus der Slowakei kommen. Sie waren drei Tage in Bangkok und buchten die anschliessende Reise mit dem Zug und der Fähre auf eine Insel und dann noch auf eine weitere und zurück zum Flughafen über die Touristinformation. Dafür hätten sie 290 Euro pro Person bezahlt und fühlten sich verarscht. Ich überschlage im Kopf, was wir so an Übernachtungen hatte und finde eigentlich, das könnte hinkommen. Sie haben aber bereits für den Zug über 2000 Baht bezahlt, wir knapp 800. Ich erkläre, ich verstünde hier längst auch nicht immer alle Berechnungen. Wir plaudern ein bisschen über Thailand. Sie waren vorher noch nie aus Europa raus und dann sei Thailand schon sehr anders. Ich denke, also ich fands es in der Ukraine und in der Republik Moldau manchmal sehr ähnlich wie hier… Und dort konnte ich mich über Russisch und sieben Worte Rumänisch besser verständigen als hier…

Katharina

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