Doi Tung

Heute waren wir früh auf den Beinen, eh, Rädern, gegen halb neun rollten wir aus der Einfahrt und auf die Strasse hinaus. Mit leichtem Gepäck waren wir auf unseren Tagesausflug zum Doi Tung unterwegs. Auf diesem Berg ist das Chalet der Königsmutter, der Prinzessin Somdej Phra Srinagarindra Boromarajajonani. 

Knapp 600 Höhenmeter sind es auf 15 Kilometer, die Steigungen im Durchschnitt also moderat. So war es denn auch. Zwar drückte die HItze schon, aber ein Grossteil der Strecke war im Wald und daher angenehm warm. Vor allem in der ersten Hälfte und gegen den Schluss gab es steilere Stellen, die anstrengend waren. Eine königliche landwirtschaftliche Station (Beratung oder Forschung) lag am Weg, ausserdem eine Zucht für Wildtiere. Drei- oder viermal gab es eine Art Gärtnerei, mit einer Menge Topfpflanzen unter Plastikdächern, die gewässert wurden. Daneben Haufen Kohlestaub und verschiedenfarbige Erden.

Thais bei Posieren

Eine kleine Schlange, ca. 30cm. Die regte sich im Strassengraben. Die meisten wurden aber auf der Strasse überfahren.


Im Wald rund um uns kreuchte und fleuchte es, wir sahen wenige Tiere, nur ein paar Vögel, aber hörten umso mehr. Als uns ein Rascheln wirklich Sorgen machte, wurde kurz darauf eine völlig vermummte Person im Wald sichtbar. 

Ausserdem sahen wir beim Aufstieg noch

– viele tote Schlangen (kleine, wie Blindschleichen)

– einen Mann, der mit einem Messer Bambus bearbeitete, und ca. zaunpfahllange Stücke auf einen Töfflianhänger lud

– hie und da fuhren Töffli mit Seitenwagen an uns vorbei, auf dem Seitenwagen ist ein Essstand montiert

–  ein Mann mit einem Töffli und Anhänger hat Müll am Strassenrand zusammengesammelt, es hatte viel Müll

Als eine Abzweigung kam und links (steil) und rechts (moderat) möglich waren, blieben wir stehen und befragten Tante Googlemaps. Da hielt eine junge Frau auf dem Roller neben uns und fragte, ob wir Hilfe bräuchten. Das ist uns bis jetzt noch nicht passiert. Sie erklärte dann, zur Doi Tung Villa ginge es nach rechts.

Beim Aussichtspunkt Nummer 12 (warum der so heisst, wissen wir nicht) hielten wir an und schauten auf Huay Krai und das umgebende Land hinunter. Es war etwas diesig, möglicherweise auch, weil sie hier Brandrodung betreiben. Bei der Aussichtsplattform vergnügte sich eine Gruppe junger Leute, die alle das gleiche T-Shirt trugen. Darauf stand etwas vonUniversity of Chiang Rai und School of Law. Die Männer posierten, die Frauen fotografierten. Und noch eine Pose und noch eine. Wir sahen zu und amüsierten uns. Als sie wechseln wollten, drängelten wir uns vor und machten ein paar Fotos. Die Kids amüsierten sich ebenfalls über uns. Als wir unsere Velos vom Parktplatz stiessen, posierten gerade die Frauen.

Irgendwann kamen viele Parkplätze, zuerst leere, dann volle und dann waren wir oben. Ein Markt mit Früchten und Essen, Stände mit Souvenirs, viele Menschen. Es sind aber vorwiegend asiatische Touris und wir fallen etwas auf. Die Velos schliessen wir an einen Zaun aus Bambus, ziehen uns Hosen über (die Velohosen sind gar etwas kurz und mässig gesellschaftsfähig) und suchen etwas zu essen. Fündig werden wir in einer Art Kantine, Stefanie isst Reis mit Topping, ich entscheide mich für Suppe. Dafür bekomme ich einen Teller mit Nudeln und Sojasprossen, über den die Frau noch eine Kelle Flüssigkeit giesst. Am Tisch merke ich dann, es ist eine Art thailändische Blut- und Leberwurst. Da es scharf ist, merkt man von der Leber nicht viel, aber das Blut hat eine hässliche Konsistenz und so bleiben drei Stücke auf dem Teller zurück.

Dann ab in die königliche Villa. Die steht in einem Park mit vielen blühenden Blumen und einer guten Aussicht auf das umliegende Land. Aber immer noch ist es ziemlich diesig und man sieht nicht so viel. Mit einem Audioguide ausgerüstet und einem Plastiksack in der Hand, in dem unsere Schuhe stecken, machen wir dann die ersten Schritte in das königliche Chalet. Der Baustil ist eine Mischung aus Schweizer Chalet (die Königsfamilie hat eine starke Bindung zur Schweiz) und der einheimischen Bauweise. Die Hölzer sind einheimisch. 


Die Königsmutter hat sich offenbar immer sehr stark für die arme Bevölkerung insgesamt und insbesondere diejenige der Bergregionen eingesetzt. Die Prinzessin (ihr Titel) hat viele Projekte in der Gegend injiziert, mit der die Menschen ein Einkommen generieren konnten. Bevor sie hierher kam, so erzählte mir der Audioguide, habe man hier Opium angebaut und die Töchter an die Prostitution verkauft. Seit die Prinzessin hier ihre Projekte angefangen hat, ist das nicht mehr nötig. (Ein Dorf, durch das wir am Rand des Doi Tung fuhren, hatte ein Schild: Drug free village). Sie scheint eine umtriebige und aktive Frau gewesen zu sein, die fliessend Englisch und Französisch sprach, sich mit Garten und Handarbeit auseinandersetzte. Ausserdem spielte sie leidenschaftliche Pétanque und nahm offenbar ein Spiel überallhin mit, wo sie hinreiste. Dort habe sie stets Matches mit Polizei- und Regierungsbeamten sowie mit ihrem Staff organisiert. Das Gewinnerteam habe stets Buchzeichen erhalten, die die Königsmutter mit selbst getrockneten und gepressten Blumen versehen habe. 

Die Ehrerbietung, die die Thai der Königsmutter entgegen bringen, ist in der Reception Hall mitzuerleben. Wo die Frau sonst gesessen hat und Audienz hielt, steht heute (1995 ist sie gestorben) ein Bild von ihr sowie Blumen usw. Davor ein grosser weisser Teppich. Junge und alte Thai knien sich auf den Teppich oder setzen sie mit den Füssen auf der Seite hin, einige beten. 

Vom Balkon aus sieht man auf die Berge Myanmars und hinunter in den Garten. Manchmal sei die Königsmutter am Nachmittag auf den Balkon gegangen und habe hinunter geschaut. Wenn die Menschen im Park sie bemerkt hätten, hätten sie ihr Ehre bezeugt und sie habe gewinkt.

Die Prinzessin hat viel gelesen, am liebsten Agatha Christie. Verschiedene Taschenbuchausgaben ihrer Romane bezeugen davon. Ihre Tochter hat ein Buch über sie geschrieben, es heisst Busy Hands. 

Schliesslich trinken wir einen Kaffee, Doi Tung Kaffee. Der Kaffeeanbau war eines der Projekte der Prinzessin. Danach besuchen wir den Mae Fa Luang Garten, den Garten der Prinzessin. Eine Mischung aus Park und Landesgartenschau, praktisch alle Blumen blühen. Das einzige, was ich kenne, sind Malven. In der Mitte steht die Statue of Continuity, Kinder türmen sich in einer Art Wirbel auf. Als ich näher hinschaue sehe ich, dass es nur Jungen sind. Soviel zu Kontinuität.

Es ist heiss und drückend geworden und wir sind plötzlich so müde. Also setzen wir uns in der Nähe der Continuity-Statue auf eine Bank in den Schatten. So haben wir das Chalet im Blick. Dann schauen wir den Thais zu, wie sie posen. Es gibt gibt Kulturen, die viel mehr posieren als andere. Wenn wir uns fotografieren lassen, posieren wir meist sehr dezent, stehen mehr einfach hin. Nicht so die Thai: Sie rücken Bluse und Sonnenbrille zurecht, stecken die Hände in die Hosentaschen und werfen sich in Pose. Oder sie machen einen Schmollmund. Oder sie recken die Hände in V-Position in die Höhe. Eine Frau setzt sich sogar halbwegs ins Gras und lehnt sich über ein Blumenbeet, der Freund dirigiert noch etwas an der Haltung herum. 


Wir holen die Velos, ziehen die langen Hosen wieder aus und bereiten uns für die Abfahrt vor. Dann kaufen wir noch eine Avocado und ein paar Passionsfrüchte. Dann geht es los. Die Bäume sausen nur so an uns vorbei, es ist ziemlich steil, wie wir bemerken. Und sehr kurvig, die Autos können uns kaum überholen. In einer guten halben Stunde sind wir unten, für den Aufstieg hatten wir zwei Stunden gebraucht.

Wir bloggen und planen im Zimmer gemütlich die morgige Strecke, als Stefanie ihr Lenkertäschchen aufmacht, um etwas herauszuholen. Und zurückschreckt. Ich springe auf, der Deckel ist übersät von winzigen Ameisen – tausenden – die hastig ihre Eier retten wollen. Raus, rufe ich und hechte zur Tür. Stefanie stellt die Tasche mit all ihren wichtigen Dingen, Portemonnaie usw., vor die Tür. Drinnen schauen wir uns erstmal an. 

Neben Schlangen und Geckos mag Stefanie auch keine Ameisen. Also sitze ich zehn Minuten auf der Türschwelle und reinige die Tasche von den Ameisen. Noch viel später glaube ich plötzlich, ein Kribbeln irgendwo auf dem Arm oder am Hals zu spüren.

Abends holen wir uns noch einmal bei der gleichen Frau wie gestern ein Abendessen. Allerdings im Wok gebraten. Wir stellen fest, dass Suppe feiner (und weniger fettig) ist. Dazu haben wir uns noch ein Dessert geholt. Eine Art Crepe, aus Reismehl wohl, wird immer wieder so auf die Arbeitsfläche geklatscht, dass es ganz dünn wird. Dann die Ecken eingelegt, dass es fast wie ein Kuvert aussieht und ab damit auf die heisse Oberfläche. Als der junge Mann noch Fett dazu gibt, denke ich, es sieht verdammt ähnlich aus wie die Butter, die wir gekauft haben. (Dazu muss man sagen, dass wir in der Unterkunft in Chiang Rai Butter hatten, die nur weich wurde, aber nicht schmolz. Sie stand nämlich in der Openairküche und nicht im Kühlschrank. Sowas könnten wir doch fürs Frühstück auf dem Zimmer brauchen, dachten wir, waren im Laden aber ziemlich unschlüssig, was kaufen. Wir verstanden nichts, was auf der Packung stand und hatten uns für das mit dem Ankerölleli auf dem Bild entschieden.) Die Konsistenz sah aber nicht aus wie in der Unterkunft, sondern eher wie bei dem Mann am Crepe-Stand. Das erklärte auch, warum die „Butter“ so komisch an den Zähnen geklebt hatte… 

Auf das gebratene Dessert kam noch Kondensmilch aus der Dose (das brauchen sie sehr viel hier, für alle Frappés und kalten Kaffeegetränke, Tees usw.) und Zucker. Dann schreiben wir Stefan, ob er Zeit und Lust auf einen Kaffee hätte am nächsten Tag. Stefan ist ein Deutscher, der in Thailand lebt und leidenschaftlich Velo fährt. Beim Recherchieren habe ich seinen hilfreichen Blog gefunden. Da wir noch unbeantwortete Fragen hatten, schrieb ich ihm und so entspann sich ein Kontakt. Als ich ihn über die Strecke zum Doi Tung ausfragte, sagte er, er wohne im Nachbardorf von Huay Krai (am Fuss des Doi Tung) und wir könnten uns ja auf einen Kaffee treffen. Er schreibt zurück und wir verabreden uns für neun Uhr. 

Passionsfrucht. Säuerlich erfrischend.


Katharina

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